Katja Lange-Müller
Deutschland
"Viele Wörter gehörten, damit sie nicht gänzlich dem Vergessen anheimfallen, in ein Wort-Museum. Doch ein solches Museum gibt es bislang nicht – und auch keinen Wörter- Friedhof, obwohl ich, und vermutlich nicht nur ich, einen solchen gern besuchte, ab und an. – Auf den Grabsteinen stünden, wie Namen, die verschiedenen Wörter und von wann bis wann sie gelebt haben, also im Gebrauch waren. Was genau dieses oder jenes Wort einst hervorbrachte, welche Zeit, welche Mode, welche politischen Verhältnisse …, das wäre dann die Erinnerungsarbeit (noch so ein sterbendes Wort, das demnächst „hinüber“ sein könnte), die der Friedhofsbesucher, vielleicht ja ein Hinterbliebener oder einfach ein Bummelant zu leisten hätte. Aber Trauerarbeit würde ich meine Bemühungen, mich zu erinnern, nicht nennen wollen. Denn um jene zwei Wörter, die ich nun mal kurz exhumieren möchte, ist es nicht wirklich schade. Und schon sehe ich mich, die womöglich letzte lebende Bummelantin, vor dem toten Bummelanten stehen:
„Hier ruht, nach einem eher kurzen und paradoxerweise ungemütlichen Leben, in rechtsstaatlichem Frieden der BUMMELANT * etwa 1960 – † in den achtziger Jahren und in der DDR“ ."